maandag 10 september 2012
digitale dementie volgens een Duitse hersenonderzoeker
Manfred Spitzer weiß, dass er provoziert. In seinem ersten Buch hat er Eltern gewarnt, ihre Kinder zu lange vor den Fernseher zu setzten. Nun fordert er in seinem zweiten Buch "Fingerspiele statt Laptops".
Spitzer handelt aus Überzeugung. Er ist Neuropsychiater, Jahrgang 1958. Ein Mann der Generation Rechenschieber, der das Einmaleins noch auswendig gelernt hat. Besorgt stellt er fest: Wenn Kinder zu früh zu viel Zeit vor dem Computer verbringen, leidet ihre Hirnentwicklung. Es entstehen Defizite, die sie im Laufe ihres weiteren Lebens nicht wieder aufholen können.
"Digitale Demenz" als Phänomen
Südkoreanische Mediziner haben dieses Phänomen zuerst beschrieben und digitale Demenz getauft – was Spitzers Buch den Titel gab. Surfen macht demnach dumm. All jene Menschen, die sich im Netz zu Hause fühlen, muss eine solche Diagnose empören. In der Tat ließ der Sturm der Entrüstung nicht lange auf sich warten.
Zu Unrecht, denn Spitzer hat eine Fülle von wissenschaftlichen Hinweisen zusammengetragen, um seine These von der digitalen Demenz zu untermauern: Studien und Datenmaterial, die nachdenklich stimmen sollten. So nutzen Jugendliche heute oft mehrere Medien gleichzeitig. Beim Computerspielen telefonieren sie, beim Telefonieren schreiben sie nebenbei eine Email. 8,5 Stunden Mediennutzung am Tag packen sie so in 6,5 Zeitstunden.
Dieses Multitasking geht auf Kosten der Konzentration. Das zeigen Versuche amerikanischer Wissenschaftler. Die Probanden waren insgesamt abgelenkter. Ein solches Ergebnis lässt für Spitzer nur einen Schluss zu: "Multitasking ist nichts, wozu man die nächste Generation ermuntern sollte."
Alles, was der Mensch tut, hinterlässt Spuren im Gehirn. Im besten Fall werden in den ersten Lebensjahren, ja sogar schon in den ersten Monaten, Gedächtnisverbindungen angelegt und verdrahtet, die das Grundgerüst für alles Lernen bilden.
Neuroplastizität nennt die Wissenschaft diese Fähigkeit des Gehirns, sich neuen Anforderungen anzupassen. Das ist einer der Gründe für den evolutionären Erfolg der Spezies Mensch. Spitzer sieht darin aber auch die aktuelle Gefahr.
Digitale Medien aus der Schule verbannen
Wenn sich die Menschen heute beim Autofahren nur noch auf ihr Navigationsgerät verlassen, entwickeln sie gar nicht erst die Fähigkeit, sich zu orientieren – obwohl das Gehirn dafür das Potenzial mitbringt. Das gilt auch für Kinder, die in der Schule mit einem elektronischen Griffel an einem Smartboard arbeiten, statt richtig schreiben zu lernen. Das Gehirn bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Weil der Computer Schülern wichtige Übungsaufgaben abnimmt, "muss er zwangsläufig einen negativen Effekt auf das Lernen haben", argumentiert Spitzer. Als Konsequenz fordert er, digitale Medien aus dem Unterricht zu verbannen.
Es gebe bis heute keine unabhängige Studie, "die zweifelsfrei nachgewiesen hätte, dass Lernen allein durch die Einführung von Computern und Bildschirmen in Klassenzimmern effektiver wird".
Die vierte Kulturtechnik
Spitzer wird noch drastischer: "Bei digitalen Medien im Kindergarten und in der Grundschule handelt es sich daher in Wahrheit um nichts weiter als eine Art Anfixen." Starker Tobak für eine Generation, die sich im Netz wie selbstverständlich bewegt, sich informiert, in sozialen Netzwerken kommuniziert und dabei auch noch Spaß hat. Internet gilt neben Lesen, Schreiben und Rechnen längst als vierte Kulturtechnik.
Lernen, zitiert Spitzer den Pädagogen Pestalozzi, erfordere "Herz, Hirn und Hand" und ergänzt, Fingerspiele etwa würden dabei helfen, den Umgang mit Zahlen zu begreifen. Ein Land, dessen wichtigste Ressource kluge Köpfe und innovative Ideen sind, sollte Spitzers Warnungen ernst nehmen.
Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer ist einer der führenden Hirnforscher Deutschlands. Er leitet das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen an der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm
Manfred Spitzer: "Digitale Demenz". (Droemer, München. 367 S., 19,99 €. ISBN: 978-3426276037)
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